Ob ich denn nach all dem Triathlontraining, bei dem der längste Lauf lt. Plan 1 Stunde dauert, und den ich nur aus Lust und Laune manchmal auf 1,5 Stunden ausweitete, in der Lage sein werde, einen Marathon zu laufen?! Ich hatte keine Ahnung, wie es ausgehen würde, ins Ziel wandern geht sicher immer irgendwie. Der Schorfheide-Marathon nördlich von Berlin, in genau jenem Gebiet, in dem früher Honnecker und Co ihr Jagdrevier hatten, der vom Profil her recht anspruchsvoll und somit sowieso nicht bestzeitentauglich ist, mit viel Natur für die Sinne - der schien mir geeignet für dieses Experiment, zu dem ich mich am Mittwoch, den 17. September entschloss.
Am Donnerstag habe ich dann nach den 24 Stunden das erste Mal wieder die Laufschuhe geschnürt, für lockere 12 Kilometer im Wald, nur um zu sehen, wie es sich anfühlt, und ob ich Freude am Laufen hätte. Hatte ich. Samstag sind wir die Strecke des Schlaubetal-Marathons mit dem MountainBike abgefahren, danach war ich eigentlich schon platt.
Leider bin ich ein Trotzkopf, ich hatte mir den Marathon in den Kopf gesetzt, also mach ich`s auch. Selbst das Geprassel der Regentropfen aufs Dachfenster am frühen Sonntag Morgen um 5 Uhr konnte mich nur kurz an der Mission zögern lassen.
Als ich dann um 6:30 Uhr mit Sack und Pack das Haus verlasse, kommt meine Tochter heim, das Herz übervoll und die Augen voller Tränen. Natürlich nehm ich mir die Zeit - alle Zeit der Welt, kein Marathon ist wichtiger, als die eigenen Kinder. Trotzdem schaffe ich es pünktlich, ich fahr ja gern mal auf der Autobahn ein bischen schneller.
Während der Fahrt überkommen mich dann doch einige Zweifel an der Machbarkeit der Mission. Ich tröste mich dann mit so Gedanken wie.... "der längste Trainingslauf für den Rennsteig SM war die Harzquerung mit 51 Kilometern. Die letzten 23 kamen auch von allein ;o)"
Auf dem Gelände angekommen (Elke hat die Atmosphäre dort gut beschrieben) freute ich mich nach der Triathonsaison sehr über das Wiedersehen mit meinen Läuferfreunden Elke, Andreas und Bettina, für die ich sozusagen der Überraschungsgast war.

Die ersten 15 Kilometer gehen immer wieder über übeles Kopfsteinpflaster ehemaliger Poststraßen durch die wunderschöne Schorfheide. Bei Kilometer 7 knicke ich innerhalb weniger Minuten zweimal mit dem Fuß um, glücklicherweise ohne Nachwirkungen. Ich laufe sehr locker, befinde mich wohl im hinteren Drittel des Läuferfeldes und wundere mich über das Tempo, das hier für einen Marathon angeschlagen wird. Von mir aus, sollen sie doch. Ich laufe einen Schnitt knapp über 6 Minuten/km und tatsächlich merke ich meine Muskeln schon bei Kilometer 20. Aber nicht irgendwie dramatisch - nur - ich merk sie eben. Es fehlen eben die langen Läufe in der Vorbereitung und das Kopfsteinpflaster hat ziemliche Energie gekostet. Nun gehts mal durch eine Sandwüste, auch nicht gerade kräfteschonend, trotzdem bin ich guter Dinge. Die Halbmarathonmarke passiere ich bei 2:10. Die Strecke ist bis hierher hügelig, die richtigen Berge sind für das letzte Viertel angekündigt. Also locker bleiben.
Irgendwann muß ich mal ins Gebüsch verschwinden, verstricke mich dabei mit dem Kabel meiner Kopfhörer und setze auf diese Weise vielleicht 5 Minuten in den märkischen Sand. Egal. Durchkommen ist wichtig. Bei Kilometer 30 bin ich auf mehrere Einzelkämpfer aufgelaufen, jene, die es am Anfang wohl ein wenig eilig hatten. Eigentlich wollte ich meinen Endspurt ala Triathlon ja erst zwei Kilometer später beginnen, aber jetzt bin ich so angestachelt, ich kann mich nun nicht mehr zurückhalten. Feuer frei, jetzt erwacht das Kampfschwein in mir. Ich gebe Gas und sammle ein. Zwei knackige Anstiege erwarten mich jenseits der 35 km-Marke, das kostet nochmal Kraft, ohne Frage. Ein von Krämpfen geplagter Mitläufer versucht, rückwärts den Berg hinunterzuwanken. Ich kann ihn natürlich nicht seinem Schicksal überlassen, ich gebe ihm Salztabletten und Magnesium und wünsche ihm viel Glück. Weiter gehts, nach dem letzten kräfteraubenden Anstieg, wenn man glaubt, es ist geschafft, kommt noch ein ganz leckeres Bonbon. Es geht 3 Kilometer über eine gemähte Kuhwiese mit Holper-Stolper-Löchern, sehr, sehr schwierig zu laufen, wenn man bereits 39 Kilometer in den Knochen hat. Spätestens hier tuts endlich richtig weh.
Nach 4:16 laufe ich sehr zufrieden ins Ziel. Das war`s! Marathon Nummer 18 - mal eben so - bringt mir mit der Leistung sogar noch den 2. AK-Platz ein und den 6. in der Gesamtwertung von 19 Frauen.
Ein geiles Gefühl, wenn man von sich sagen kann: Marathon geht immer!
24 Kommentare:
Verrücktes Huhn - mehr sog' i net! :-)))
Da hatter recht : VERRÜCKT !!! (aber lieb gemeint)
Aber das ist ja nix Neues bei Dir !
Bewundernde Grüße vom
HIGHOPIE
"Leider bin ich ein Trotzkopf, ich hatte mir den Marathon in den Kopf gesetzt, also mach ich`s auch."
Also daran zweifelt hier wohl keiner.... du Tier!!
Wie schafft man eine Zeit von 4:16, wenn man für den HM schon 2:10 gebraucht hat und beim In-die-Büsche-gehen dann nochmal fünf Minuten in den Sand setzt?
Irre!
"Dazwischengepoltert ist mir ja bereits der 24-Stundenlauf von Bernau, und dieser brachte mich auf die Idee, mal was Verrücktes auszuprobieren."
Dieser Satz sagt ja alles. Wer nach einem 24 h Lauf mal was Verrücktes ausprobieren will, dem ist nicht mehr zu helfen ;-)
Herzlichen Glückwunsch
Ralf
Is' ja (bzw. du bist ;-) total irre. Herzlichen Glückwunsch dazu und auch zum Marathon :D
Es kann nur EINE geben!! :-)
Viele Grüße vom Klotz am Bein ;-)
@Uli+Torsten:
Gar nicht verrückt ist auch nicht normal - weh tun musses, ihr kennt das doch ;o)
@Kerstin:
Ich habe mich ja am Anfang auch arg zurückgehalten, ich wußte ja nicht, wie es mir ergehen wird, so ganz ohne Marathon-Training. Und zum Schluß durfte ich dann ;o) Wie gesagt, da kommt mir das Triathleten schon zu Gute, da machst Du ja beim Wettkampf nix Anderes als Laufen mit müden Beinen. Man lernt das Beissen schon irgendwie mehr, als als Läufer.
@Ralf:
Na so schlimm war es nicht, die 24 Stunden bin ich ja nicht allein gelaufen, sondern in einer 4er-Staffel, ich hatte zwischen jedem meiner "Auftritte" an die 20-25 min Pause. Aber es kamen auch 62 Kilometer zusammen, und da dacht ich mir, wenn ich das kann, dann könnte ich doch auch... :o)
@Lutz:
Nicht Klotz am Bein, sondern ein guter Freund bist Du :o)
Hey du..
Respekt mal kurz noch einen M nachzuschieben.
Mir haben die Berge in Österreich gelangt und ich hab auch mal kennengelernt, dass nach 3,5 KM Radrennen der Allerwerteste ab sein kann.
Glückwunasch und jetzt ab in die wohlverdiente Offsaison.
Liebe Grüße
Also ich hätte die ja lieber in Thüringen am kommenden WE dabei gehabt - kannst du ja immer noch ;-).
Gratulation zur Nr. 18, nur mal so.
Jörg
"Wie gesagt, da kommt mir das Triathleten schon zu Gute, da machst Du ja beim Wettkampf nix Anderes als Laufen mit müden Beinen. Man lernt das Beissen schon irgendwie mehr, als als Läufer."
Das glaube ich dir sofort. Ich stelle mir nach jeder einzelnen meiner Radtouren vor, wie das wäre, jetzt noch ein paar Kilometer zu laufen mit meinen Gummibeinen. Und jedesmal denk ich mir, NJET!! Echt nicht!! *lach*
Meine Bewunderung ist dir sicher.
@Jörg: Führe mich nicht in Versuchung - Du Unhold ;o)
@Hase: TUI GAWARISCH PA RUSSKI??? ERTA OTSCHEN KARASCHOW!!!! ;o))
Ich hab an dich verrücktes Huhn gedacht ;-). Aber mir war schon klar, dass du das durchziehst.
Aber freiwillig um 5 Uhr aufstehen, noch dazu wenn es regnet? So verrückt können nur Läufer sein ;-)).
Da hast du wieder mal meine Bewunderung, kathrin.
Ein Marathon mal eben so, ist schon echt was für die Harten.
Wirst du den triathlon-szene.de-Plan machen ??
Hab den gerade fast hinter mir, laufe in Bremen am WE einen Marathon
Gruss Jörg
"Ein Marathon geht immer" - nette Vorstellung, leider nur begrenzt auf andere und schon gar nicht auf mich übertragbar :-)
Herzlichen Glückwunsch, zum 18. Marathon, 2. Platz, Super-Platzierung und überhaupt, zur ganzen tollen Saison!
Grüße von
Manu
Wow! Das ist echt unglaublich, was du so zustande bringst!
"Marathon geht immer" - einfach irre!
Du bist ne Knalltüte... ohne ein Sportevent am Wochenende, auf den sich andere ein Jahr vorbereiten, geht bei Dir wohl nix, wa?
Immer schön, es zu lesen. Du Tier! trifft es wohl.
WAHNSINN Kathrin, also ein kleines bisschen verrückt muss man für so eine Aktion schon sein. Es ist super, was du so alles hinbekommst und dann noch nebenbei einen Marathon laufen, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.
Du machst es genau richtig, so lange es geht, einfach alles ausprobieren ;o) Gratulation zu diesem Lauf.
Viele Grüße
Silke
Du bist unglaublich!!!
Spätestens hier tuts endlich richtig weh.
ja ja, schmerzen kann man ja regelrecht vermissen, gell ;-)
es ist schon ein schönes privileg wenn man kurzentschlossen fast überall mitlaufen kann, eben mal so.
na du verrücktes Hühnchen.
ich freue mich aj einfach, dass du mal wieder unter Läufern anzutreffen warst, da wirst du nämlcih vermisst, da kann die Mission schon ruhig verrückt sein, mit Trotzt ist das schon durchzusetzen.
mandy
@Anett:
Deine Schwäche ums frühe Aufstehen kenn ich ja, deshalb wäre Triathlon eigentlich für Dich genau die richtige Sportart. Die starten immer erst später. Freu mich auf das Läufchen heute!
@lonerunner:
Ich finde den Plan nirgends, kannst Du mir mal den Direktlink posten? Ich wollte eigentlich nach dem Plan aus der "Triathlon-Training" trainieren, der sagte mir zu. Aber da ich mit den "Szene-Plänen" gute Erfahrung gemacht habe, wäre es schon interessant. Viel Erfolg für Bremen!
@Lizzy:
Dich habe ich total unterschlagen - sorry, das ist mir jetzt peinlich, schön, daß Du mal vorbeischaust und danke für die Glückwünsche :o)
@Andreas:
Wirkliche Off-Season gibts tatsächlich erst ein paar Tage im Dezember, so richtig mit Stolle und Pfefferkuchen satt, damit ich was zuzusetzen habe, dann für den MD-Plan o)
@Manu:
Natürlich ist diese Aussage rein auf mich begrenzt, es gibt wichtigere Dinge im Leben, als Laufen. Ganz klar!
@Anja:
Dankeschön für den Kommentar vom Knalltüten-Tier ;o))
@Mandy: wer vermisst mich denn???
Mal eben so ausm Ärmel geschüttelt.
Wahnsinn!
Klasse Lauf, Klasse Bericht!
Gruß, Ramona
Unglaublich und Hut ab überhaupt noch zum 24h-Lauf. Wie man sowas durchhalten kann, unglaublich wirklich.
Der Marathon war ja fast schon danach angekündigt, mit dem Satz "ich habe Lust auf was Verrücktes" *lach*
Du bist echt verrückt ;-))
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